12-2007
Annette Schroeder
Kulturredakteurin
Kölnische Rundschau

Marina Coesfeld verarbeitet in ihren Skulpturen unter anderem Schuhleisten, in denen sie die Spuren des Menschen versinnbildlicht sieht. Seit zwölf Jahren spielt dieses Element in ihrem Werk eine große Rolle. So bietet die Künstlerin gerade zum Thema Zivilcourage mit den von ihr gestalteten Objekten einen entsprechenden Resonanzraum. Ganz unmittelbar wird der Betrachter zum Reflektieren darüber angeregt, welche Spuren er im Leben hinterlassen will: Wer sich den Arbeiten nähert, wird in sie einbezogen und kann das Bild, das ihm gespiegelt wird, entweder als existenzielle Bestätigung oder aber auch als moralische Herausforderung verstehen. 

Marina Coesfeld verwendet individuell gefertigte Leisten, die sie aus orthopädischen Werkstätten bezieht. Die Ölfarben trägt sie mit Holz oder Kämmen auf, an markanten Stellen schimmert urtümlich das Holz durch: So einzigartig wie jedes Objekt ist auch das mutige Handeln der Preisträger. Sie haben Profil gezeigt, dürfen stolz auf sich sein. Die gemalten lächelnden Holz-Gesichter signalisieren: Hier kann jemand sprichwörtlich guten Gewissens in den Spiegel schauen, weil er mit seinem Handeln in Einklang ist.

09-2006
Matthias Hartmann
Kunsthistoriker

Damit ist wesentliches für die Ausstellung in der Rheinbergvilla schon gesagt, die Aktualität und Bedeutung von Veränderung und Wandel. Diese verbinden sich mit einer quasi art-typischen Tradition der Malerin/Skulpturistin Coesfeld, nämlich Ihrer geradezu grenzenlosen Experimentierfreude mit Materialien, die in schönster Weise der Beuys’schen Forderung von der Erweiterung des Kunstbegriffs folgt. Waren dies bisher spachteldick aufgetragene Ölfarbe, Folie, Holzpfähle, Schuster-leisten und auch Müll, sind es nun bedruckte Wachstücher. War ihr Stil bisher eine Mischung oder besser Symbiose aus abstrakter - figürlich/gegenständlicher Dar-stellung mit expressivem Charakter, dominiert bei den Werken der Serien „Dolce Vita“ ganz eindeutig das figürlich-zeichnerische Element. Nur bei der Reihe „Zensus“ sind mit Acrylfarbe Farbflecken und -flächen gelegt worden, die abstrakte Land-schaften schildern, vermutlich in Portugal.

11-2002
Claudia Teichner M.A.
Kunsthistorikerin

"Die Arbeiten ihrer jüngsten Werkphase Nullhundertneunzig greifen die kontrovers diskutierte Thematik der Telefon-Sexhotlines auf. Multimedial rücken die Individuen unserer heutigen Gesellschaft immer näher zusammen, die Welt wird zum globalen Dorf in dem nichts mehr undenkbar ist. Dem gegenüber stehen Vereinsamung, Entfremdung und Menschenverachtung. Freizügige Einblicke lassen den Bildbetrachter zum Voyeur werden.
Der Einsatz von transparenter Folie als Bildträger und Gestaltungselement unterstreicht das Ausgeliefertsein und die Nacktheit der Dargestellten. Zarte Pastelltöne suggerieren eine exklusive Intimität und transportieren zugleich beklemmende Momentaufnahmen, die via hotline und webcam für jedermann zum abrufbaren Konsumartikel geworden sind."

11-1998
Claudia Teichner M.A.
Kunsthistorikerin

"Nach einem New York-Aufenthalt im Jahre 1998 entsteht die umfassende Werkgruppe New York '98 großformatiger Leinwandarbeiten und zahlreicher Zeichnungen. In diesem Zyklus thematisiert die Kölner Künstlerin Marina Coesfeld Impressionen der schnelllebigen und schillernden, amerikanischen Metropole. Kraftvoll und impulsiv ist die Umsetzung. Scheinbar undurchlässige, gespachtelte Ölschichten reißen auf und eröffnen dem Betrachter in die Tiefe fluchtende Ausblicke verborgener Bildebenen.
Als konsequente Weiterentwicklung im Oeuvre Coesfelds erzielt die Malerin eine bemerkenswerte Synthese der künstlerischen Ausdrucksmittel, die zu kontrastreichen Bildlösungen führt. Die symbol- und chiffregewaltigen Bildsequenzen des vorangegangenen Zyklus Komik und Tragik der Evolution von 1997/98 vereinen sich im New Yorker-Zyklus mit einer neuen Formensprache eines differenzierten, visuellen Realismus. Die inhaltliche und stilistische Auseinandersetzung der Künstlerin manifestiert sich in den Werken in der Gegenüberstellung von schematischer Abstraktion und gesteigerter Wirklichkeit."

03-1998
Anke Solbrig M.A.
Kunsthistorikerin

"Die Welt, Sonne, Herz-Bilder kommen sowohl als Triptychon wie als Einzelbilder zu imponierender Geltung. Sie vermitteln den Zusammenklang dessen, ohne was wir nicht leben könnten, geradezu sprechend durch die Reduktion auf die universellen Grundfarben Rot, Gelb, Blau. Das Thema wird immer wieder durchgearbeitet. In den Varianten entstehen Assoziationen von Verschmelzung durch die kontrastierenden Einsprengsel in den großen Farbflächen, von explosionsartiger Energie durch die radialen Strahlenlinien, durch Vibration und Rhythmus durch die Anordnung der Scheibenformen auf der Fläche.
Der Betrachter kann pendeln zwischen Empfindungen von Ferne und Nähe, von Anziehung und Abprall. Man kann Marina Coesfelds Expressivität nicht gleichgültig gegenüber stehen. Ihre Suche nach Ursprünglichkeit, Wahrhaftigkeit und ihre Auseinandersetzung von Zeitabläufen, wie auch Beziehungsstrukturen, Sympathien und Antipathien in ihrem Erlebnisbereich fließen unmittelbar in den malerischen Prozess und die Bildfindung mit ein."

05-1995
Dr. Susanne von der Heide
Kunsthistorikerin und Ethnologin

"Marina Coesfeld ist eine bemerkenswerte Künstlerin, die es vermocht hat, im Laufe der Jahre eine ganz eigene Formensprache zu entwickeln. Sie hat ein breites Spektrum künstlerischer Einflüsse assimiliert, die in einem kritisch expressiven Realismus gipfeln. Bevorzugtes Thema ist die Darstellung alltäglicher Realitäten. Dabei ist sie bestrebt um die künstlerische Auseinandersetzung sowohl mit der Vergangenheit als auch mit der selbst erlebten Geschichte, die oftmals ihr Verhältnis zu Macht bzw. Ohnmacht widerspiegelt.
Ihre kraftvoll impulsiven Gemälde und Spiegelinstallationen aus dem Zwischenbereich von Malerei und Skulptur vermitteln eine schonungslose Suche nach der Identität. Für sie bedeutet das Malen nicht 'Aufnehmen' sondern 'Formen'.
[...]
Ihr kritischer Realismus spiegelt wiederum das Lebensgefühl einer Generation, die sich in politischer Opposition mit einer restaurierten Gesellschaft auseinandersetzt. Dem Wohlstandsbürgertum wird im wahrsten Sinne des Wortes – des Bildes – ein fratzenhaftes Spiegelbild vorgehalten. Mit Mitteln der grotesken Verzerrung legt Coesfeld den Finger der Kritik auf Manipulation, Ausbeutung und Terror aller Art und sie stellt das selbstentfremdete Individuum in Auseinandersetzung mit einem konventionellen Wohlstandsfetischismus dar."